Akute Arthritis und chronische Arthrose
Das Pferd ist ein Bewegungstier. Eine reiterliche Nutzung kann nur erfolgen, wenn der passive und aktive Bewegungsapparat funktionell zusammenarbeiten. Der aktive Bewegungsapparat sind Muskeln und Sehnen, welche durch nervale Reizweiterleitungen eine gerichtete Bewegung ermöglichen. Gehalten wird der aktive Apparat durch den passiven, der aus Knochen und Gelenken besteht.
Erhebungen und Vertiefungen an den Knochen sind Ansatzpunkte für Muskeln und Sehnen. Die Bewegungsmöglichkeit nach Muskelkontraktion ist allerdings nur möglich, da die Vielzahl der Knochen jeweils durch ein Gelenk interagieren können. Das Gelenk, lateinisch articulatio, ist vereinfacht gesprochen die bewegliche Verbindung. Ein Körper kann nur erfolgreich eine Bewegung durchführen, wenn keine störenden Faktoren vorliegen. Orthopädische Störungen in den Gelenken sind akute (Arthritis) oder chronische bzw. deformierende (Arthrose) Erkrankungen.
Gemeinsam wollen wir den anatomischen und funktionellen Aufbau eines Gelenks analysieren, um eine akute Entzündung und chronische Erkrankungen besser verstehen zu können.
Das Gelenk
Anatomisch hat das echte Gelenk an den Gelenkflächen (Enden der Knochen) einen hyalinen Knorpel. Es wird von einer Gelenkkapsel abgeschlossen, womit die Gelenkhöhle gebildet wird, welche wiederum mit Gelenksflüssigkeit gefüllt ist. Der Abstand zwischen den beiden Knorpelflächen ist der Gelenkspalt. Ergänzend sei erwähnt, dass unechte Gelenke eine knorpelige Knochenverbindung darstellen (Brustbein und Rippenbogen) oder eine straffe Faserknorpelverbindung, die Beckensymphyse ist hier ein gutes Beispiel. Es gibt auch noch andere anatomische Besonderheiten, die allerdings für die hier vorgestellte Thematik nicht relevant sind.
Knorpelgewebe ist druck- und biegeelastisch und wird zu den Stützgeweben gezählt. In der Embryonalphase ist es mit Gefäßen durchzogen und unterstützt die Knochenentwicklung, aber schon während der Trächtigkeit ziehen sich die Gefäße zurück. Die Knorpelzellen müssen deswegen passiv aus der Synovialflüssigkeit ernährt werden. Dies hat einen negativen Effekt bei einem Schaden, da die Regeneration reduziert ist. Vorläuferzellen des Knorpels sind Chondrozyten, die von mesenchymalen Stammzellen stammen. Dieses Wissen bietet einen theoretischen und praktischen Therapieeinsatz.
Die Gelenkkapsel besteht aus zwei Membranen. Die äußere besteht aus straffem Bindegewebe und die innere ist ein epithelähnlicher Bindegewebsverband. Zusätzliche Gelenk- und Kapselbänder verstärken bzw. stabilisieren die Membran. Diese Bänder können außerhalb der Gelenkkapsel ziehen, man bezeichnet dieses als Außenband. Befinden sich die Bänder in der Gelenkhöhle, haben sie ihren Ursprung in der inneren Gelenkkapsel, die Kreuzbänder sind ein bekanntes Beispiel. Die Kapsel ist aber nicht straff, sondern eher schlaff, sogenannte Reservefalten, damit das Gelenk eine maximale Beugung erzielen kann. Die Gelenkhöhle ist mit Gelenkflüssigkeit gefüllt, die man als Synovia bezeichnet. Sie hat eine visköse Konsistenz, sie‚ ‚schmiert‘ das Gelenk und ist für die Knorpelversorgung wichtig.
Anatomisch unterscheidet man je nach Funktion des Gelenks unterschiedliche Typen. Ein Kugelgelenk findet man an der Schulter und Hüfte, es lässt sich in drei senkrecht stehende Raumachsen bewegen. Hingegen kann das ellipsoide Gelenk zum Beispiel nur eine Seit-Seit-Bewegung ausführen, wie in der Verbindung zwischen Kopf und 1. Halswirbel. Scharnier- oder Kondylengelenke sind weitere Beispiele, jeder Gelenktyp lässt nur begrenzte Bewegung zu, welche durch ihren Freiheitsgrad definiert wird: Beugung/Streckung, Innen-/Außenrotation etc. Nur aus dem Zusammenspiel aller Gelenke entsteht die gewünschte Bewegung.
Arthritis (Gelenkentzündung)
Eine Entzündung kann jedes Gelenk betreffen, sagt aber nichts über die Kausalität aus. Man unterscheidet eine infektiöse (Bakterien, Viren, seltener auch Pilze oder Algen), traumatische bzw. mechanische, reaktive oder rheumatische. Eine rheumatische Entzündung der Kapsel führt zu einer Synovitis, eine entzündlich veränderte Gelenksflüssigkeit. Es kann ein bis viele Gelenke (Mono-, Oligo-, Polyarthritis) betreffen. Die Sepsis beim immunschwachen Fohlen führt zu einer Polyarthritis mit einem schwerwiegenden, charakteristischen Krankheitsbild. Die Gelenke sind verdickt, aufgetrieben, warm und schmerzhaft.
Von den fünf klassischen Entzündungsanzeichen sind nicht alle zu erkennen. Eine Rötung ist wegen der Kapsel, Haut und Haare nicht zu erkennen. Aber die Gelenke sind geschwollen und erwärmt, die Funktion ist eingeschränkt und schmerzhaft, was an einer Lahmheit zu erkennen ist. Allerdings gibt es auch eine Schmerzhaftigkeit ohne Entzündung, bei stoffwechselassoziierten Störungen oder bei einer allgemeinen fieberhaften Erkrankung, Sie kennen das von den sogenannten Gliederschmerzen.
Ist neben dem Gelenk noch die Umgebung entzündet, wird dieses als Periarthritis bezeichnet. Die genaue Lokalisation muss aber bestimmt und von einer Erkrankung der Sehnen, Fesselträger, Fesselsehnenscheide etc. abgegrenzt werden, um eine gezielte Therapie einzuleiten.
Diese Arthritis ist zu unterscheiden von einer
Arthrose (Gelenkverschleiß)
Sie meint einen Gelenkverschleiß ohne Entzündung und vielfach schmerzfrei. Sie kann sich aber durch mechanische Belastung in eine induzierte Arthritis verwandeln. Diese aktivierte Arthrose ist hochgradig schmerzhaft und präsentiert sich mit deutlichen Symptomen.
Lesen Sie den gesamten Beitrag in unserer November-Ausgabe. Hier geht es zur Heftbestellung.