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Charakteristisch beim Shivering ist ein Zittern der Hinterhand, was beispielsweise beim Rückwärtstreten zutage treten kann.

© pixabayKanadianKaur

Zittern und wackeln

Shivering: Ursachen, Diagnose und Behandlung. In einem Vortrag informierte Fachtierarzt Dr. Peter Richterich von der Pferdepraxis Boyenstein in Beckum über die seltsame „Zitterkrankheit“.

Shivering oder zu Deutsch Zitterkrankheit – so wird ein Symptomkomplex genannt, bei dem das betroffene Pferd mit der Hinterhand oder dem ganzen Körper zittert und schwankt. Was dahinter steckt, erklärte Dr. Peter Richterich, Fachtierarzt und Zuchtrichter FN, Ende Mai in einem Online-Seminar der Deutschen Reiterlichen Vereinigung. Hier die Zusammenfassung seines Vortrags:

Definition von Shivering
Die Tiermedizin weiß noch nicht viel über Shivering. Selbst in bedeutenden veterinärmedizinischen Lehrbüchern finden sich nur wenige Zeilen über das Shivering. Es gibt eine Studie der University of Minnesota aus dem Jahr 2015, bei der auf Veränderungen der Nervenzellen  im Kleinhirn hingewiesen wird sowie auf eine reduzierte Menge an Glykogen in der Muskulatur. Diese beiden Tatsachen sind in der Studie signifikant. 

Das aber ist auch das Einzige, was es aktuell auf der Welt an signifikanten Erkenntnissen gibt, mit einer Statistik dahinter, die auch belastbar ist. Die Shivering-Pferde oben genannter Studie sind am Ende euthanasiert und seziert worden, sonst hätte man diese Erkenntnisse nicht erlangen können.

Eine sehr aufwendige Studie 
Beim Shivering-Syndrom handelt es sich um ein unwillkürliches, nicht unterdrückbares Zittern, hauptsächlich der Hintergliedmaßen. Die Krankheit ist seit dem 19 Jahrhundert bekannt und zu Deutsch beschrieben als „Zitterkrankheit“, während man im englischsprachigen Raum vom „Shivering“ spricht. Die Ursachen sind nicht genau geklärt. Man diskutiert, dass es sich um eine muskuläre Erkrankung handelt oder eine neurologische Störung ist. Es kann sich auch um eine neuro-muskuläre Dysfunktion handeln – dabei ist das Zusammenspiel zwischen der nervalen Reizung der Muskulatur und der eigentlichen muskelauslösenden Funktion nicht gegeben.
Hormonelle Störungen werden ebenfalls diskutiert. Es gibt eine Publikation, die die Einflussnahme der Schilddrüse benennt, darin sind einzelne Fallberichte enthalten. Die lassen sich aber in der Statistik nicht alle belegen, sodass an dieser Stelle nicht auf die Vermutung einer hormonellen Variante eingegangen wird, zumal das komplexe Thema Schilddrüse einen eigenen Vortrag füllen könnte. 

Traumata oder schwere Infektionen, die eine Veränderung der Synapsen bewirken, oder metabolische Störungen (also solche, die den Stoffwechsel betreffen) können ebenso zu Shivering oder shiveringähnlichen Symptomen führen. Ob es eine genetische Disposition zu Shivering gibt, ist in allen Studien nicht belegt und eher fraglich.

Welche Pferde sind betroffen?
Die Zitterkrankheit kann unabhängig von der Pferderasse auftreten. Allerdings sind grundsätzlich eher Kaltblüter und hier besonders die schweren Kaltblutschläge betroffen. Die Tierärzte bekommen aber auch immer mehr Warmblutpferde zu sehen, die vom Shivern betroffen sind. In den Statistiken zu Shivering fällt auf, dass es auf jeden Fall größere Pferde sind, die betroffen sind.
Statistisch betrachtet sind es Pferde ab einem Stockmaß von 1,73 m, die deutlich häufiger die Symptomatik entwickeln als andere. Demnach sind Ponys fast gar nicht vom Shivering betroffen. 
Man muss aber dazu sagen, dass das Stockmaß 1,74 m/1,75 bei Pferden ein sogenannter „Turnover“ für viele Symp­tome bzw. Erkrankungen ist. Die Gefahr, beispielsweise einen Fesselträgerschaden zu bekommen, ist ab einem Stockmaß ab 1,74 m signifikant höher, die Gefahr, dass das Pferd eine OCD bekommt, ist ab 1,74 m höher. Die Tendenz zu größeren Pferden bringt also auch einige ungewollte Begleiterscheinungen mit sich. 

Hengste und Wallache sind statistisch deutlich häufiger vom Shivering betroffen als Stuten. Das Auftreten der klinischen Symptome findet zwischen dem vierten und siebten Lebensjahr statt. Es gibt aber sogar Fohlen und ganz junge Pferde, die zu shivern beginnen. Im Alter können die Symptome eines zuvor an Shivering erkrankten Pferdes zunehmen. 

Die Gefahr aber, dass ein älteres Pferd neu an Shivering erkrankt, ist deutlich reduziert. Ein 15-jähriges Pferd wird also nicht neu an Shivering erkranken. Allenfalls ist es möglich, dass man Symptome zuvor nicht bemerkt hat, da sie im moderaten Maße aufgetreten sind, und im späteren Verlauf Symptome durch besondere Stressoren (Futterumstellung, Haltungsumstellung, Impfumstellung, Infektion) ausgelöst worden sind, die vorher nicht in der Form in Erscheinung traten; das Pferd wird aber bereits vorher an Shivering erkrankt sein. 

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